Beendigung von Home-Office-Vereinbarungen: Rechtliche Hinweise

Spätestens anlässlich der Corona-Pandemie haben viele Arbeitgeber mit ihren Arbeitnehmern das Arbeiten im Home-Office oder mobiles Arbeiten vereinbart. Der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Varianten ist der stationäre Arbeitsplatz: Im Home-Office gibt es einen festen Arbeitsplatz außerhalb des Betriebs (in der Regel in der Privatwohnung des Arbeitnehmers), während bei der mobilen Arbeit die Arbeitserbringung nicht an einen bestimmten Ort gebunden ist. Wenngleich die Einführung von Homeoffice/mobilem Arbeiten in vielen Unternehmen kurzerhand ermöglicht werden musste und konnte, so ist deren – zwischenzeitlich wieder von vielen Arbeitgebern gewünschte – Beendigung oder zumindest Reduzierung („zurück-ins-Büro“) nicht in jedem Fall so einfach umsetzbar.
Die Rechtslage insoweit ist – wie eine Vielzahl neuerlicher Gerichtsentscheidungen zu dieser Frage mit zum Teil sehr unterschiedlichen Ergebnissen zeigt – keineswegs eindeutig und für jeden Einzelfall individuell zu bewerten.
Abrede über Teilkündbarkeit einer Home-Office-Vereinbarung kann im Einzelfall zulässig sein
So hatte beispielsweise das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einem speziell gelagerten Einzelfall die Teilkündigung einer individuellen Home-Office-Vereinbarung, in der für beide Parteien ein Kündigungsrecht vereinbart worden war, für zulässig erachtet.
Sachverhalt
Die Parteien dieses Arbeitsrechtsstreits hatten ergänzend zum Arbeitsvertrag eine „Zusatzvereinbarung über Tätigkeit im Home-Office“ abgeschlossen und mit einem Kündigungsvorbehalt versehen. Der Kündigungsvorbehalt war so formuliert, dass die Zusatzvereinbarung von jeder Partei ohne gesonderte Angabe von Gründen gekündigt werden konnte. Nach Ablauf der Kündigungsfrist war der Arbeitnehmer gemäß der in der Home-Office-Vereinbarung getroffenen Regelung verpflichtet, seine Arbeitsleistung in den Unternehmensräumen zu erbringen. Der Arbeitgeber machte wegen betriebsbedingter Verlagerung der Tätigkeiten von diesem Kündigungsrecht Gebrauch und wies dem Arbeitnehmer die Arbeit im Innendienst am Unternehmenssitz an. Der Arbeitnehmer zog gegen die Kündigung der Zusatzvereinbarung vor Gericht…
Arbeitsgericht in 1. Instanz gab Arbeitnehmer Recht
… und bekam zunächst Recht: Das erstinstanzlich entscheidende Arbeitsgericht qualifizierte die Regelungen der Home-Office-Vereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und hielt die Regelung des Kündigungsvorbehalts für unwirksam, weil diese gegen das Transparenzgebot verstößt und eine Umgehung kündigungsschutzrechtlicher Vorschriften darstellt. Zudem entspricht die Rückbeorderung des Arbeitnehmers an den Unternehmenssitz mangels überwiegendem Interesse des Arbeitgebers nicht billigem Ermessen.
Landesarbeitsgericht entschied zugunsten Arbeitgeber
Das LAG war jedoch anderer Auffassung und erachtete die Abrede über die Teilkündbarkeit einer Home-Office-Regelung als zulässig. Es verneinte einen Verstoß gegen AGB-Recht, insbesondere eine Umgehung von Bestimmungen nach dem Kündigungsschutzgesetz, und wies darauf hin, dass bei der Ausübung der Kündigung keine Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis betroffen sind. Der Arbeitgeber konnte daher gegenüber dem Kläger rechtswirksam die Kündigung der Zusatzvereinbarung aussprechen, dem Arbeitnehmer stand danach kein Anspruch auf eine Tätigkeit aus dem Home-Office zu.
Die Möglichkeit einer Teilkündigung ergab sich aus der Zusatzvereinbarung. Sog. Teilkündigungen, die nur einzelne Bestandteile des Arbeitsvertrages betreffen und damit eine einseitige Änderung von Vertragsbedingungen gegen den Willen des Vertragspartners herbeiführen, sind zwar grundsätzlich unzulässig. Die Teilkündigung einzelner arbeitsvertraglicher Vereinbarungen kann aber zulässig sein, wenn dem Kündigenden hierzu – wie hier – wirksam das Recht eingeräumt wurde; die einseitige Änderung der Vertragsbedingungen erfolgt dann nicht gegen den Willen des anderen Vertragspartners, sondern aufgrund des vereinbarten Teilkündigungsrechts.
Die Abrede über eine gesonderte Kündbarkeit der Zusatzvereinbarung ist zudem rechtswirksam, mit dieser wird kein zwingender Kündigungsschutz (§§ 1 f. Kündigungsschutzgesetz (KSchG)) umgangen. Das Kündigungsrecht betrifft nicht die im synallagmatischen Verhältnis stehenden wechselseitigen Pflichten des Arbeitsverhältnisses, sondern lediglich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung von seiner Wohnung aus erbringen darf. Damit wird nicht die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers einer einseitigen Abänderbarkeit unterworfen, sondern lediglich eine Erfüllungsmodalität ausgestaltet. Das ursprüngliche Äquivalenzgefüge des Arbeitsverhältnisses bleibt unverändert. Die Regelungen der kündbar gestellten Home-Office-Vereinbarung beziehen sich auf spezielle Abreden über den Ort der Arbeitsleistung, die nicht den kündigungsrechtlich besonders geschützten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses ansprechen, sondern einen Bereich, der dem Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 S. 1 Gewerbeordnung (GewO) unterliegt.
Auch die Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 bis 309 BGB – unterstellt hier liegen überhaupt AGB vor – führt im Ergebnis nicht zur Unwirksamkeit der Kündbarkeitsregelung. Eine unangemessene Benachteiligung rechtlich anerkannter Interessen des Arbeitnehmers gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB liegt nicht vor, wenn die Maßnahme durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist. Im Streitfall wird die vereinbarte Teilkündbarkeit der Zusatzvereinbarung den Interessen beider Vertragspartner gerecht:
- Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung war zu berücksichtigen, dass die Kündbarkeit der Zusatzvereinbarung nur eine eingeschränkte Rechtsposition des Arbeitnehmers betraf, da dem Arbeitnehmer mit der Home-Office-Vereinbarung nie Anspruch auf ausschließliche Tätigkeit im Home-Office eingeräumt worden war, sondern diese nur vorsah dass der Arbeitnehmer „im Wesentlichen“ in seiner Wohnung tätig wird, jedoch verpflichtet blieb, „nach Arbeitsbedarf auch in den Unternehmensräumen tätig zu werden“.
- Hinzu kommt, dass auch der Anstellungsvertrag, der durch die Kündigung der Zusatzvereinbarung unberührt blieb, die Möglichkeit für eine Tätigkeit aus dem Home-Office vorsah, dem Arbeitnehmer durch eine Teilkündigung der Zusatzvereinbarung diese Rechtsposition mithin nicht vollständig genommen wurde.
- Zugunsten des Arbeitgebers war ferner zu bedenken, dass im Arbeitsrecht ein spezifisches Anpassungs- und Flexibilisierungsbedürfnis besteht. Der Arbeitsvertrag als Dauerschuldverhältnis bedarf einer ständigen, bei Vertragsschluss angesichts zahlreicher und vielgestaltiger Einflussfaktoren gedanklich nicht vorwegnehmbaren Anpassung.
Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass die Zulässigkeit der Teilkündigung mit wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder dass wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wäre (§ 307 Abs. 2 BGB). Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob eine unangemessene Benachteiligung durch die Teilkündigung der Home-Office-Abrede vorliegt, ist das gesetzliche Leitbild des § 106 S. 1 GewO.
Allerdings musste unabhängig von der Kündigung der Home-Office-Regelung die Zuweisung eines neuen Arbeitsortes erfolgen, die – Auch wenn dies in der Zusatzvereinbarung nicht ausdrücklich vorgesehen ist – der Kontrolle am Maßstab des billigen Ermessens gemäß §106 S. 1 GewO, § 315 BGB genügen muss. Die gerichtliche Prüfung dieser Arbeitgeber-Weisung war allerdings im hier entschiedenen Fall aus prozessualen Gründen nicht Gegenstand des Rechtsstreits (der klagende Arbeitnehmer hätte dafür zusätzlich die Arbeitgeber-Weisung, die Arbeitsleistung künftig in den Unternehmensräumen zu erbringen, gerichtlich angreifen müssen, was nicht geschehen ist); deren Rechtswirksamkeit war daher vom LAG nicht zu beurteilen.
Beendigung von Homeoffice-Vereinbarungen im Regelfall nur bei Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers zulässig
Verallgemeinern lässt sich diese Entscheidung freilich nicht. Aus dem Urteil des LAG ergibt sich, dass die besondere Sachverhalts- und Vertragskonstellation ausschlaggebend für den Ausgang des Verfahrens war. Das LAG Hamm führt in den Entscheidungsgründen zudem selbst aus, dass eine grundlose Beendigung der Homeoffice-Tätigkeit durch den Arbeitgeber unwirksam ist, wenn die vertragliche Klausel nicht zumindest erkennen lässt, dass die Interessen des Arbeitnehmers im Rahmen der Ausübung billigen Ermessens gemäß § 106 Abs. 1 GewO berücksichtigt werden.
Praxishinweis
Über die Beendigung der Arbeit im Homeoffice sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer daher grundsätzlich einvernehmliche Vereinbarungen treffen.
Zu beachten ist dabei, dass es dem Arbeitgeber grundsätzlich gestattet sein kann, die Tätigkeit im Homeoffice einseitig zu beenden. Denn die Einräumung der Möglichkeit für den Arbeitnehmer bis auf Weiteres aus dem Homeoffice zu arbeiten, lässt nicht den Schluss zu, dass der Arbeitgeber diese Option dauerhaft einräumen wollte. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte in der Vereinbarung über die Durchführung der Homeoffice-Tätigkeit daher unbedingt geregelt werden, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber diese auch wieder einseitig beenden kann. Eine vorbehaltlose Widerrufsmöglichkeit für den Arbeitgeber dürfte – abgesehen von besonders gelagerten Einzelfällen wie der vorstehend durch das LAG Hamm Entschiedene – nicht zulässig sein, denn der einseitige Widerruf der Homeoffice-Tätigkeit kann zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers führen. Eine entsprechende Widerrufs- bzw. Direktionsrechtsklausel muss indes berücksichtigen, dass die Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers nach § 106 S. 1 GewO billigem Ermessen entspricht und daher zwingend eine Angabe von Widerrufsgründen enthalten. So entschied beispielsweise das LAG München in einem anderen Fall eines Grafikers, dem sein Arbeitgeber gestattete, die Arbeitstätigkeit von zu Hause aus zu erbringen, dass der Arbeitgeber gemäß § 106 S. 1 GewO berechtigt war, seine Weisung zu ändern, wenn sich später betriebliche Gründe herausstellen, die gegen eine Erledigung von Arbeiten im Homeoffice sprechen.
Eine andere Möglichkeit ist eine von Beginn an befristete Tätigkeit im Homeoffice. Dabei kann vereinbart werden, dass die Homeoffice-Tätigkeit zu einem bereits festgelegten Termin endet, z. B. weil der Arbeitnehmer zu einem bereits feststehenden Termin aus einer Teilzeittätigkeit während der Elternzeit in eine Vollzeittätigkeit im Betrieb zurückkehrt. Die Parteien können aber auch regeln, dass sie innerhalb eines festgelegten Zeitraums neue Vereinbarungen über den Arbeitsort treffen werden.
Fazit
Im Hinblick auf die Rechtssicherheit ist es jedenfalls empfehlenswert, auf die bereits erprobten Instrumente der Befristung und des Widerrufsvorbehalts unter Benennung von Widerrufsgründen zurückzugreifen. Der Einsatz einer Kündigungsklausel birgt nach wie vor erhebliche rechtliche Risiken. In einer Kündigungsklausel muss zumindest vereinbart werden, dass die Interessen des Arbeitnehmers im Rahmen des billigen Ermessens berücksichtigt werden. Ist die Kündbarkeit wirksam vereinbart, muss neben der Kündigung eine Arbeitgeber-Weisung zum neuen Arbeitsort ergehen, welche billigem Ermessen genügen und ggf. gesondert angegriffen werden muss.
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